Anreise & Warm-Up: Tour de Friends? Kolumbien mit dem Rennrad? Das sind die Zutaten für ein wahnsinnig cooles Abenteuer, welches ich im Oktober erleben durfte. Los ging es mit dem bisher längsten Flug meines Lebens – 12 Stunden von Frankfurt nach Bogota. Bereits im Flugzeug sowie beim Frühstücksbuffet konnte ich die ersten Teilnehmer der TdF kennenlernen. Mit eben diesen ersten Kontakten, die schnell zu Freunden wurden, habe ich in den folgenden Tagen die Stadt erkundet, Cafés ausprobiert und die ersten Kilometer in der Höhe absolviert. Highlight war definitiv der offizielle Warm-Up-Ride, denn beim Ciclovia werden jeden Sonntag rund 120km Straße für den Autoverkehr gesperrt. Nach 50 Kilometern und deutlich verbesserter Leistung in der Höhe, fühlte ich mich nun bereit für die erste Etappe!
Etappe 1: Mit einer Live-Band an der Startlinie, die uns ordentlich eingeheizt hat, ging es um 05:30 Uhr durch die Straßen von Bogota. Dabei half uns die Polizei mit 6-8 Motorrädern durch den verrückten Verkehr hinaus auf die Autobahn. So langsam verlor die Umgebung ihren urbanen Charakter und es wurde deutlich ruraler. Bis zur ersten Checkpoint hielt das Wetter und auch das Feld teilte sich lediglich in wenige, größere Gruppen. Mit den ersten Regentropfen der Tour begann das erste Highlight: Eine schier endlose Abfahrt von rund 30 Kilometern. Und auch das Wetter klarte währenddessen auf. Der folgende, rund 17 Kilometer lange Anstieg wurde von einem kurzen Kiosk-Stop unterbrochen, bevor man auf dem Gipfel das erste Mal richtiges Dschungel-Feeling bekam. Die zweite Abfahrt des Tages war erneut faszinierend in Natur und Länge – außerdem wurde es gefühlt minütlich wärmer. Als umso wichtiger erwies sich daher der nächste Check-Point. Hier hieß es Abkühlen, Flaschen füllen und eine starke Gruppe suchen – denn es sollte der heißeste Abschnitt der ganzen Radreise folgte. Gut 40 Kilometer bei ebenso viel Grad standen auf dem Programm und bis zum Ziel kein Stückchen Schatten mehr. Während die Hitze den allermeisten zu Schaffen machte, kam das Ziel immer näher. Hier warteten neben der ersten Finish-Line-Party auch Pools in den jeweiligen Hotels auf uns. Nach dem Abendessen im inzwischen dunklen, aber kaum abgekühlten Honda ging es in der Nacht vor der Königsetappe erneut früh ins Bett. – Statistik: 193 Kilometer und 1.600 Höhenmeter
Übrigens: Über die Zeit bis hierher hat Radrace ein YouTube-Video herausgebracht – schaut gerne Mal rein!
Etappe 2: Nach einem traditionellen Frühstück bestehend aus Ei, Maisfladen und Reis ging es auf die wohl größte körperliche Herausforderung der gesamten Tour. Mit Sonnenaufgang ging es die ersten 20 Kilometer false-flat in Richtung Beginn des eigentlichen Anstiegs. Eins wurde dabei direkt klar: Viele Pausen vom Treten sollte es heute nicht geben. Stattdessen wurden die Steigungsprozente nun mehr und wir gewannen schnell an Höhe. Dabei zog sich nun auch das Feld auseinander und für die meisten stand fest: heute wird das eigene Wohlfühl-Tempo gefahren. Bei Kilometer 47 gab es dann den ersten Checkpoint. Gestärkt mit einer typisch kolumbianischen Kombination aus Ziegenkäse mit Bocadillo, Zuckerrohrtee und einem Sandwich ging es weiter den Berg hinauf. Auf dem Weg den Berg hinauf wurde deutlich, dass wir uns in den Anden befanden. In jeder Himmelsrichtung waren unzählige Berghänge und Gipfel zu erkennen. In stetigem Tempo ging es dem zweiten Checpoint entgegen und inzwischen gab es auch zahlreiche Momente, in denen man wirklich alleine unterwegs war. Auch der ohnehin schon seltene Verkehr wurde weniger, während die Wolken Stück für Stück näherkamen. Damit ging nun zwar die Sicht zurück, die Stimmung wurde dafür aber umso mystischer. Spätestens an einer längeren Wand mit der Aufschrift #TheLongestClimbOnEarth wurde klar – bald ist der Alto de Letras bezwungen. Auf 3.680m Höhe noch schnell ein Beweisfoto gemacht und dann bei inzwischen deutlich einstelligen Temperaturen schnell in die nächste wahnsinnig tolle Abfahrt. Von plötzlich einsetzendem Platzregen begleitet wurde es auf dem Weg nach Manizales Stück für Stück wärmer und die Vorfreude auf den Ruhetag ließ nicht lange auf sich warten. – Statistik: 135 Kilometer und 4.300 Höhenmeter
Ruhetag: Der Ruhetag stand grundsätzlich zur freien Verfügung, aber im Land der Cafeteros war der Besuch einer Kaffeeplantage fast alternativlos. Also ging es nach einem ausgiebigen Frühstück mit dem Reisebus zur Finca La Giralda. Hier stand zunächst eine kurze Kaffeeverköstigung an bevor es bei kolumbianischen Snacks auch eine traditionelle Tanzeinlage gab. Mit dem Beladen eines Maultiers startete der edukative Teil des Tages, bevor wir uns in die Plantage stürzten. Begleitet von zahlreichen Informationen über den Kaffeeanbau durchliefen wir gemeinsam den Prozess der Kaffeeherstellung. Vom Pflücken über das Separieren und Trocknen der Bohnen bis hin zum Röstprozess und der erneuten Verköstigung durften wir zudem jeden Schritt selbst durchführen. Nach einem typischen Mittagessen ging es zurück ins Hotel, die Beine hatten schließlich noch drei Tage vor sich. – Statistik: 5 Kaffee und unzählige Kohlenhydrate
Etappe 3: Tag 3 startete mit einer längeren Abfahrt auf breiten Straßen, ehe es auf schmaleren Landstraßen durch die Kaffee-Anbaugebiete ging. Hierbei schlängelten sich die Straßen in einem kontinuierlichen Auf und Ab sowie Rechts und Links durch diese faszinierenden Landschaften. Auch der erste Check-Point des Tages hatte nicht nur leckerste Verpflegung im Angebot, sondern auch gemütliche Sitz- & Liegemöglichkeiten mit fantastischen Aussichten. Diese Genussfahrt setzte sich trotz des feucht-schwülen Wetters fort und die Kilometer zum zweiten Check-Point folgen nur so dahin. Nach einem letzten Anstieg wähnten wir uns schon fast im Ziel, ehe ein kurzer Schauer auf der letzten Abfahrt des Tages zuschlug. Ein leichter Anstieg zum Hotel in Pereira sorgte jedoch für warme Muskeln, ebenso die heiße Dusche und Abendessen in einem wieder hervorragenden Hotel. – Statistik: 106 Kilometer und 2.300 Höhenmeter
Etappe 4: Gut erholt vom Vortag ging es auf der vierten Etappe schnell aus der Stadt raus und zurück in die großartige Landschaft, die Kolumbien wirklich jeden Tag zu bieten hatte. Mittendrin warteten an Check-Point 1 sowohl ein Pool als auch literweise Eiscreme auf uns. Motiviert ging es auf den nächsten Abschnitt. Dabei wurde ersichtlich, dass es die nächsten 45km fast ausschließlich bergauf gehen sollte. Zumindest rund 25 dieser Kilometer waren dabei ein durchgängiger Anstieg, der sich zudem als sehr unrhythmisch herausstellen sollte. Doch nach ca. 2/3 der Höhenmeter kam erneut ein Check-Point, der insbesondere durch seine Aussicht zum Verweilen einlud. Auch auf der anschließenden Abfahrt gab es fantastische Aussichten uns niedliche Marktplätze, deren Cafés heute unerwarteten Umsatz machen sollten. Anschließend ging es in Richtung Armenia, unserem vorletzten Etappenziel, mit einem echten Highlight: Ein Rooftop-Pool im 17. Stock, der auch bis spät in die Nacht genutzt wurde. – Statistik: 120 Kilometer und 2.200 Höhenmeter
Etappe 5: Und plötzlich stand schon die fünfte und letzte Etappe an. Das Wetter war wieder deutlich wärmer und gleichzeitig ergab sich zum letzten Mal die Chance, mit den (neu gefundenen) Freunden gemeinsam durch Kolumbien zu rollen. Daher wurde bei den meisten heute das Tempo ein wenig gedrosselt bzw. am letzten wirklichen Gipfel aufeinander gewartet. So rollten spätestens ab dem zweiten Check-Point größere Gruppen gemeinsam in Richtung Buga. Dort erwartete uns unter dem üblichen Zielbogen eine fantastische Finish-Line Party, die nach kurzer Unterbrechung (Bike-Abbau und Duschen) bis tief in die Nacht am Pool fortgesetzt wurde – Statistik: 145 Kilometer und 1.300 Höhenmeter
Rückfahrt Bogota & Aftermath: Wer sich nicht für eine Weiterreise auf eigene Faust entschieden hatte, konnte nun mit dem Reisebus zurück nach Bogota fahren. Das mag im ersten Moment nicht sonderlich aufregend klingen, gibt in einem solch faszinierenden Land jedoch nochmal eine ganz andere Perspektive. Über dem Verkehr sitzend ergibt sich ein anderes Bild von Verkehr und Leuten, gleichzeitig ermöglichen selbst Mautstationen und Raststättenstops ungeahnte Einblicke in die Kultur des Landes. Nach einer letzten Nacht in Bogota blieb noch ausreichend Zeit für einen Besuch in den bisherigen Lieblingscafes sowie eine abschließende Shoppingtour, bevor es am Abend zurück in den Flieger und in Richtung Frankfurt ging.
Inzwischen gibt es über dieses geniale Abenteuer auch einen zweiten Vlog bei YouTube – inklusive Interview mit mir, also gerne mal reinklicken!